Trauer um Warsteiner Chef Albert Cramer
Warstein, den 21. November 2012.- Albert Cramer, geschäftsführender Gesellschafter der Warsteiner Gruppe, ist am Dienstag, den 20. November 2012, nach schwerer Krankheit verstorben. Er wurde 69 Jahre alt. Mit ihm verliert die Warsteiner Brauerei ihren Seniorchef, der auf dem deutschen Biermarkt Geschichte geschrieben hat. Von Anfang an bis zuletzt war Albert Cramer ein Visionär, der sich mit großem Engagement für die Geschicke und Entwicklung seines Brauerei- und Hotelleriegeschäfts einsetzte. Als erfolgreicher Unternehmer aus dem Sauerland in achter Familiengeneration hatte er aber auch stets seine Heimatstadt und deren Menschen im Auge. Für seine Verdienste und sein Wirken für die Stadt Warstein erhielt er im Oktober 2012 den Bürgerpreis der Bürgerstiftung Warstein. Diese Würdigung dürfte ihm, der größeres Aufsehen um seine Person stets vermeiden wollte, sicherlich deutlich mehr bedeutet haben als die einst an ihn herangetragene Auszeichnung mit dem Bundesverdienstkreuz.
Albert Cramer wurde am 22. Mai 1943 in Warstein geboren und wuchs zusammen mit seinen drei Schwestern im Elternhaus direkt neben der Brauerei auf. Nach dem Abitur in Bad Godesberg studierte er Betriebswirtschaft an der Universität Köln und sammelte erste berufliche Erfahrungen bei der Unternehmensberatung Kienbaum. 1968, im Alter von 25 Jahren, trat er in die von seinem Vater Paul Cramer und dessen Neffen geführte Brauerei ein, später wurde er Kommanditist und persönlich haftender Gesellschafter und übernahm 100 Prozent der Unternehmensanteile. Mit über 300.000 Hektolitern Bierausstoß zählte die Warsteiner Brauerei bereits damals zu den wenigen Großbrauereien Deutschlands. Durch seine innovativen Ideen und sein herausragendes Marketingtalent sollte Albert Cramer das sauerländische Familienunternehmen in den Folgejahren zu der mit Abstand größten und erfolgreichsten Brauerei Deutschlands mit einem Jahresausstoß von über sechs Millionen Hektolitern führen.
Albert Cramer war der erste deutsche Brauereieigentümer, der schon in den 1970er Jahren bundesweit Werbung für sein Bier machte und sich dabei an die Welt von Sekt und Champagner anlehnte. Über die Marke Warsteiner gelang es ihm, eine Art neue Tischkultur zu entwickeln und Bier in Deutschland auf hohem Niveau gesellschaftsfähig zu machen. Gemeinsam mit dem renommierten Glas-Designer Hermann Hoffmann entwickelte Cramer 1969 die Warsteiner Tulpe, die bis heute das Markenimage von Warsteiner prägt. 1984 wurde das berühmte Glas vom legendären Pop-Art-Künstler Andy Warhol in New York auf Leinwand verewigt. Heute schmücken die Gemälde von Warhol das Verwaltungsgebäude der Warsteiner Brauerei. Angesichts des rasanten Absatzwachstums initiierte der junge Unternehmer Anfang der 1970er Jahre den Neubau der Warsteiner Brauerei auf dem Waldparkgelände vor den Toren der Stadt, eine riesige Investition, von der die gesamte Region nachhaltig profitieren sollte. Es entstand die modernste Brauerei Europas, die durch kontinuierliche Investitionen bis heute – gerade unter Umweltschutzgesichtspunkten – zu den besten Adressen des Kontinents zählt.
Wegen des großen, anhaltenden Geschäftserfolgs war Albert Cramer frühzeitig in der Lage, im Ausland zu investieren. Dadurch entwickelte sich das Unternehmen im Export bis heute zur bedeutendsten Privatbrauerei Deutschlands, vertreten in mehr als 60 Ländern der Welt. Unter Cramers Regie erfolgten die Gründungen der Warsteiner Vertriebsgesellschaften in den USA, Italien und den Niederlanden, ebenso wie die Akquisitionen der Paderborner Brauerei, der Düsseldorfer Privatbrauerei Frankenheim und der Herforder Brauerei in Ostwestfalen sowie die Beteiligung an der König Ludwig Schloßbrauerei Kaltenberg in Bayern. Heute beschäftigt die Warsteiner Gruppe inklusive der deutschen Welcome Hotelgruppe rund 2300 Mitarbeiter und erzielt einen Jahresumsatz von mehr als 520 Mio. Euro.
Als begeisterter Ballon-Pilot gründete Albert Cramer 1986 die Warsteiner Internationale Montgolfiade, die heute das größte jährliche Heißluftballon-Spektakel Europas ist. Massenstarts mit über 200 Ballonen und mehr als 300 Piloten aus aller Welt begeistern jedes Jahr in der ersten Septemberwoche bis zu 200.000 Besucher in Warstein und tragen maßgeblich zur Attraktivität und zum Tourismus in Nordrhein-Westfalen und dem Sauerland bei. Auch die Formel 1 entdeckte der Sauerländer für sich und sein Unternehmen, wodurch die Marke in den 90er Jahren weltbekannt wurde. Ebenfalls auf Initiative von Albert Cramer engagierte sich die Warsteiner Brauerei viele Jahre lang im internationalen Ski- und Reitsport.
Durch seine große Heimatverbundenheit lag es Albert Cramer zeitlebens am Herzen, gemeinnützige Projekte in Warstein und Umgebung nachhaltig zu unterstützen. Dafür gründete er unter anderem die nach seinem Vater benannte Paul-Cramer-Stiftung, über die seit vielen Jahren soziale, kulturelle und gesellschaftliche Initiativen in der Region finanziell unterstützt werden. Als von seiner Kindheit an gläubiger Katholik engagierte sich der Unternehmer zudem jahrelang für die Belange der katholischen Kirchengemeinden in Warstein und dem Erzbistum Paderborn. Darüber hinaus unterstützte er auch viele internationale Kinderhilfsprojekte wie den Bau mehrerer SOS Kinderdörfer und anderer Dritte-Welt-Einrichtungen in Südamerika und Afrika. Albert Cramer, so hieß es bei der Verleihung des Bürgerpreises der Bürgerstiftung Warstein, ist eine Unternehmerpersönlichkeit, „wie es sie in den letzten 100 Jahren in der Stadt Warstein nicht mehr gegeben hat“. Der Verstorbene hinterlässt seine drei Töchter Christina, Josephin und Catharina und fünf Enkel.
Aufgrund seiner unternehmerischen Verantwortung verfolgte Albert Cramer schon frühzeitig das Ziel, seinen Betrieb innerhalb der Familie weiterzugeben. Auf seinen Wunsch hin trat Catharina Cramer, 34, im Jahr 2006 in die Geschäftsführung der Warsteiner Gruppe ein. Seine jüngste Tochter wird das Unternehmen jetzt in neunter Familiengeneration weiterführen. Albert Cramer war ein Pionier der deutschen Brauindustrie, der den Markt entscheidend mitgeprägt und -gestaltet hat. In seiner Familie, bei seinen Mitarbeitern und in der Stadt Warstein hinterlässt er eine große Lücke. Allen Menschen, die ihn kennen und schätzen gelernt haben, werden seine Schaffenskraft und seine starke Persönlichkeit lange in Erinnerung bleiben.
Stefan Leppin - Sprecher der Warsteiner Brauerei (www.warsteiner.com)